STUDIE

Filialflucht zwingt Banken zu neuen vertriebskanalübergreifenden Ansätzen

Dr. Helbig & Partner: Studie deckt Schwächen in Servicesystemen bei Banken auf

Obwohl die Banken in 2003 wieder etwas Geld verdienen, sind sie noch nicht am Ende der Radikalkur angelangt. Neben den Sparprogrammen müssen die Banken auf das drastisch veränderte Nutzungsverhalten der Kunden reagieren. Eine Studie von Dr. Helbig & Partner, Managementberatung für neue Märkte und Technologien, zeigt erhebliche Defizite bei der Nutzung von Absatzchancen und der Steuerung der Vertriebskanäle. Der Trend der Bankkunden zu “Banking by do it yourself“ erfordert neue Vertriebsansätze und eine vertriebskanalübergreifende Nutzung von Verkaufschancen (Leads). Damit dieses kanalübergreifende Serviceniveau kein Kostentreiber für die Banken und ein Ärgernis für den Kunden wird, müssen die Banken effizientere Marketingmethoden und Vertriebsprozesse einsetzen. Ein unter dem Stichwort Multikanalbanking eingeführtes "Me-too"-Angebot in Internet und Call-Center ist bei weitem nicht ausreichend.

Die massive Zunahme der Transaktionen über Internet oder Telefon in der letzten Zeit deutet auf eine konstante Verhaltensänderung der Bankkunden hin. Es findet eine „Filialflucht“ statt. Die neuen Kommunikationsmedien Internet und Telefon werden von den Kunden konsequent und rapide zunehmend zu „Banking by do it yourself“ genutzt und definieren damit ein neues Kunde-Bank-Verhältnis.

Die Kunden erwarten von ihrer Bank vermehrt komfortable Angebote für problemlose, sichere Abwicklung von Internettransaktionen und Telefonbanking. Aber auch Innovationen wie Video-Beratung über Internet oder TV-Banking, wie von der Citibank geplant, werden erfolgreich sein. Die wachsende Rolle als Anbieter technischer Dienstleistungs-Strukturen ist ein neues Betätigungsfeld der Banken. Die Entscheidung der Bank, diese Geschäftsprozesse intern zu organisieren oder externen technischen Dienstleistern zu überlassen, ist von der Kundenerwartung unabhängig. Bankkunden beurteilen ihre Bank künftig verstärkt über reibungslose und innovative Service-Infrastrukturen.

Daneben werden Bankfilialen eine nachhaltige Verschiebung der Tätigkeitsfelder erleben. Die klassischen Filialtätigkeiten einfacher Dienstleistungen schrumpfen, die Bankkunden fragen dagegen künftig verstärkt kompetente Beratung und „lifetime“-Betreuung. Die Neuorganisation der Bankfilialen hin zum serviceorientierten Finanzdienstleister ist für Filialbanken überlebenswichtig. Zeitgleich werden die Filialnetze schrumpfen, die existierenden Filialen aber zu Kompetenzzentren ausgebaut werden müssen.

Aber auch die Vertriebs- und Beratungstätigkeit der Filialen wird sich grundlegend ändern müssen, wenn die Filiale weiterhin ein nennenswerter Vertriebskanal bleiben soll. Wurden in der Vergangenheit noch weit über 90% der verkauften Produkte auch aus Kundenkontakten (Leads) der Filiale generiert, so sinkt diese Rate momentan dramatisch und muss ausgeglichen werden. Neue Leads können unter dem Einsatz moderner Marketing- und Prozesstechnologien auch in Call-Centern, dem Internet oder gar bei Retail-Partnern generiert werden. Die verbleibende Aufgabe der Filialen ist es diese Leads in Abschlüsse zu verwandeln. Hierzu ist nicht nur ein modernes, leistungsfähiges Leads-Management notwendig, sondern vor allem eine kanalübergreifende Steuerung und Nachverfolgung dieser Absatzchancen. Nichts verärgert Kunden mehr als eine fehlende Reaktion auf ein deutlich geäußertes Interesse, massive Abwanderung zu Wettbewerbern oder Retail-Angeboten ist die Folge. Andere Branchen, die schon seit längerem mit kanalübergreifenden Absatzchancen konfrontiert sind, haben dies bitter erfahren müssen.

Die Direktbanken haben es den klassischen Filialbanken mit Erfolg vorgemacht. Fehlende Filialen zwingen Direktbanken, den Kunden über bankfremde Vertriebskanäle anzusprechen. Daneben bauen sie mobile Beraternetze auf, die den Bankkunden auch zuhause aufsuchen. Neue Vertriebswege, wie z.B. Bank-Schnupper-Angebote der Commerzbank in „McDonalds“-Filialen, sind Möglichkeiten, potenzielle Kunden über finanzfremde Filialnetze anzusprechen. Der Bankkunde wird diese Angebote in den Bankfilialen realisieren wollen. Die Filialen werden also künftig verstärkt die Aktivitäten verschiedener Vertriebskanäle der Bank bündeln müssen. Die Filial-Mitarbeiter betreuen Kunden, die kundenspezifische Angebote wünschen, kompetente Beratung erwarten und Führung im unübersichtlichen Finanzmarkt nachfragen.

Das gilt natürlich genauso für die Mitarbeiter in den Call-Centern der Banken. Denn die Hinwendung des Bankkunden zu Internet- und Telefonbanking geht unvermindert weiter. Die Kunden erwarten eine deutlich erhöhte Reaktionszeit der Banken, z.B. bei Kreditentscheidungen über Internet oder Telefon innerhalb von Stunden. Hier wird künftig verkauft und nicht mehr nur ein Beauftragung oder Transaktion entgegengenommen, was eine völlig andere Organisation der Call-Center und Qualifikation der Mitarbeiter erfordert.

Die Abstimmung aller Vertriebskanäle über Internet, Telefon, Filialen und bankfremde Vertriebswege hin zu zeitnahen Services für den Kunden, egal wie er die Bank kontaktiert, wird den Markterfolg der Banken künftig dominieren. Das gilt für Direktbanken ebenso wie für Filialbanken.

Die neue Studie von Dr. Helbig & Partner hat bei Banken gerade hier deutliche Defizite in der Vertriebs- und Kundenkontaktsteuerung ausgemacht. Bei den meisten Banken fehlt eine durchgehende vertriebskanalübergreifende Erfassung und Steuerung der Kundenkontakte. Es gehen dadurch zu viele Möglichkeiten zum Vertragsabschluss als auch in der künftigen lebenslangen Kundenbindung verloren. Nur durch die Neuausrichtung aller Vertriebsprozesse und der dahinter stehenden Vertriebssteuerung auf das Management von Leads können die Filial-Banken dieser Marktveränderung gerecht werden und ihr flächendeckendes Filialnetz weiterhin rechtfertigen. Die strategische Alternative, der verstärkte Rückzug aus dem Filialgeschäft, erscheint vielen Banken als nicht wünschenswert.
„Nur durch den Aufbau eines effizienten Leads-Management und dem Umbau aller Vertriebsprozesse zur Erfassung aller Kundenaktivitäten kann eine Bank heute langfristig am Markt erfolgreich sein. Das ist eine vorrangige Aufgabe der Bankvorstände. Nur durch eine deutlich sichtbare hierarchie- und kanalübergreifende Veränderung der Führungskultur werden Banken künftig ihre Funktion als service- und vertriebsorientierte Finanzdienstleister erfolgreich managen können.“, so Dr. Thomas Helbig von Dr. Helbig & Partner.

Die hohe Komplexität dieser Aufgabe sollte eine Bank nicht ohne externe Unterstützung bewältigen, insbesondere Erfahrungen aus anderen erfolgreich umgesetzen Projekten sind erforderlich. Sprechen Sie uns an.

 

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